Wieder geht unser Tripp durch Berlin hastig weiter. Nach dem Kulturzentrum im „Bethanien“ mit dem Bus zum ehemaligen Flughafen Tempelhof in die Hangars 6-7 am Tempelhofer Damm 45 zur Positions Berlin Art Fair.
Wo seid ihr geblieben ???
Es ist dies bereits mein 2. Besuch der Art Week und auf dieser Messe, in der heuer 111 Galerien aus 24 Ländern vertreten sind. Beim letzten Mal hatten mich hier ganz besonders die innovativen Modemenschen begeistert. Also freue ich mich auch dieses Jahr auf die – oft – verrückten Ideen und gehe schnurstracks zu den im Plan bezeichneten Messeständen.
Ein alter ‚Glaubenssatz‘ kommt mir in den Sinn: Je höher die Erwartung, um so tiefer der Fall, sprich: die Enttäuschung. Wo sind sie denn bloß geblieben, die einfallsreichen jungen Designer und Designerinnen aus dem letzten Messejahr?
Lediglich ein paar ungewöhnlich gestylte Besucherinnen kann ich entdecken, die besonders, also jenseits des Üblichen, gekleidet sind. Aber sonst? Ok, da noch eine Frau mit ausgefallenem Hut, Sektglas in der Hand … Ausstellerin? Designerin?
Heute fällt es mir schwer, das Arbeitsblatt von Christiane mit Fragen zur KunstMesse zu beantworten. Später aber eröffnet mir der Rundgang mit meinen fünf Kolleginnen doch noch den Zugang zu einigen Künstler:innen und Positionen, die mir sonst wohl eher verschlossen geblieben wären.
Zeichnung, Zeichnung, Zeichnung
Erstaunlicherweise sind bei dieser Auswahl zwei Galerien dabei, welche asiatische Künstler:innen präsentieren. Die Galeristinnen beschreiben uns minutiös die Arbeitsweisen der vertretenen Künstlerinnen anhand ihrerer präsentierten Werke.
Bei Micheko, einer Galerie aus München, deren Schwerpunkt auf der zeitgenössischen Kunst Japans liegt, staunen wir über Bilder von Kenichi Yokono, die wie klassische japanische Holzschnitte wirken und sich bei näherem Hinsehen jedoch als Malereien entpuppen.
Frau Keiko Tanaka, die Galeristin, eröffnet uns mit ihrer liebenswürdigen Art sowie ihrem Fachwissen einen Blick in die Welt der zeitgenössischen Kunst Japans. Gerne würden wir noch länger ihren kompetenten Erklärungen zuhören und uns in die detaillierten Zeichnungen von Katsumi Hayakawa vertiefen, bei deren Betrachtung man sich in einen ganz eigenen Kosmos verlieren kann.
Bei der Galerie Inga Kondeyne tauchen wir in eine nächste asiatische Welt ein: die Papierarbeiten von Kazuki Nakaharas, allerfeinste Strichzeichnungen, ausgeführt mit Buntstiften, wie der Galeriefolder es beschreibt. Wie schafft es der Künstler, solch große Blätter mit Linien und Zeichen zu füllen, ohne das handgeschöpfte Papier zu zerreissen? Aha, da ist doch noch etwas anderes neben den feinen Linien, was ist es? Zufall? Sicher nicht. Wir erhalten auch hier die fachkundige Erklärung vom Galeristen: es handelt sich um „blitzartige Störspuren“, die der Künstler bewußt per Kohlestift einsetzt.
Genähte Striche und Wochenzeichnungen
Im nächsten besuchten Messestand wieder Zeichnungen, doch ganz besonderer Art. Hier erklärt uns die Künstlerin Gesa Lange selbst, wie sie an ihren feinen „Strichzeichnungen“ arbeitet. Dabei zeigt sich schnell, daß es sich dabei keineswegs um Zeichnungen sondern um eine ultrafeine Garnnäherei auf Transparentpapier handelt.
Unseren heutigen Ausflug in die gezeichneten Welten der „Positions“ beenden wir mit einem kurzen Abstecher in die Galerie Imke Valentin. Auch hier zeigt sicher wieder, dass man nur sieht, was man weiß. Wenn uns unsere „Exkursionsleiterin“ Christiane ten Hoevel nicht noch schnell dort hinein gezogen hätte, dann …
In der kleine Messekoje wimmelt es nämlich vor Gästen und sicher wären mir die zauberhaften Arbeiten von Anna Ingerfurth dadurch entgangen. Ein wunderbarer Abschluss für diesen Nachmittag. Die „Wochenzeichnungen“ ziehen uns magisch in ihren Bann: feinste Zeichnungen so ganz anderer Art mit Buntstift, Aquarell, Schrift, Text, Grafisches in buntem Wechsel mit Collagiertem. Was ist hier gezeichnet, was Malerei, was Collage? Egal. Zauberhaft!
Kunst macht hungrig
Nach soviel gezeichnetem Input, nach Strichen, Linien und Spuren müssen wir jetzt einer eindeutigen anderen Spur folgen. Es ist eine Duftspur, die uns nun auf dem kürzesten Weg in die Bergmannstraße führen soll, denn draußen, vor den Messehallen, erwartet uns richtig unangenehmer kalter Regen. Unser Ziel für diesen Abend ist das Knofi. Seit unserer ersten Exkursion zur Art Week jedes Mal ein Pflichtbesuch, der den Weg sogar durch Regen wert ist.