Selten hat mich ein Ausstellungsbesuch so fasziniert. Und, obwohl mir nur eine knappe Stunde Zeit blieb, zwischen zwei Zügen, wurde diese außergewöhnliche Show im Kunsthaus Nürnberg für mich das Highlight des Kunstjahrs 2021.
Vielleicht war ich einfach ausgehungert am Ende des letzten Jahres, sehnte mich nach Kultur Input. Futter für Augen und Kopf. Trotz ständig wechselnder Zugangsregelungen: Geimpft, geimpft, getestet. JA alles und endlich hinein!!!
Immer viel Licht
Wer in Fürth lebt, kennt Günter Derleth, hat zumindest schon von ihm und seiner Leidenschaft gehört oder gelesen: die Camera obscura. Seine Arbeiten mit der Lochkamera wirken auf mich wie aus der Zeit gefallen, fast so, als ob sie von einem anderen Stern kämen. Trotzdem greifbar, direkt, unmittelbar nah. Als ob man etwas, das man vor langer Zeit gesehen hat, in einem Traum plötzlich wieder erkennt. Oder war es ein Traum, der jetzt, neu belichtet, an der Wand vor mir hängt?
Obskure Kamera
Gierig verschlinge ich die Bilder. Bin fasziniert von den unterschiedlichsten Displays. Reihung, horizontal, vertikal, Petersburger Hängung, wild gemischte Rahmen wechseln sich ab mit strengen Anordnungen. Hier müßte man sich für jeden Raum, für jede Systematik Zeit nehmen. Gar nicht zu reden von der Variationsbreite der Motive: Kaktus und Venedig, Kaffeehaus und Gummihandschuh …
… und eine Cornflakes Schachtel
Und dann, fast am Ende der Bilderflut, das Faszinosum an sich. Viel mehr als Mittel zum Zweck. Mehr als ästhetischer Kamerabody mit Wechselobjektiv: Aus Konservenbüchsen, Ästen, Blechschüsseln, Holzkisten, Büchern, Bechern und vielem mehr formt der Künstler sein Werkzeug, die Camera obscura. Allein das ist den Besuch der Ausstellung wert: Jede für sich ist ein Kunstwerk, eine Skulptur. Eine Skulptur, die immer viel Licht braucht.