Bereits im Frühjahr, bei meinem letzten Besuch in Aichach zur Ausstellung „was auf dem Spiel steht“, hatte ich Freundin Maria Breuer versprochen: „Wenn du eine Einzelausstellung hier im Köglturm hast, dann kommen wir zur Vernissage!“. Obwohl die Einladung für die Eröffnung bald darauf in mein Atelier flatterte, zu unserem Besuch sollte es erst jetzt, zwei Wochen später kommen.
Höhere Gewalt vereitelt den Weg zur Kunst
Nachdem Ende Mai der Dauerregen in Südbayern und das darauf folgende Hochwasser unsere Fahrt verhinderten, genossen wir es jetzt um so mehr, bei strahlendem Sonnenschein nach Aichach zu fahren. So, wie für uns, war an diesem Sonntag Marias Ausstellung ein Anziehungspunkt für einige Besucher und Besucherinnen, obwohl in der Innenstadt Markttag war. Während die Läden geöffnet hatten, Buden und Verkaufsstände die Hauptstrasse durchzogen, folgten einige Gäste dem Ruf des Ausstellungstitels. „Der Klang der Stille“ lockte in diese eher beschauliche Ecke vor dem Stadttor. Zur Begrüßung kam uns die quirlige Künstlerin bereits vor dem Turm entgegen
Die laute Welt bleibt draussen
Eine gewagte Holztreppen Konstruktion windet sich im Inneren des alten Gemäuers nach oben, das ein idealer Ort ist, für die künstlerischen Arbeiten, die Maria Breuer ausgewählt hat. Die Stille ist förmlich spürbar, je höher sich die roten Schuhe hinauf bewegen. Kleine Formate in verschiedenen Techniken laden zur Betrachtung, fast zur Besinnung ein. Die laute Welt bleibt draussen. Hier ein, in die Wand eingelassenes Holzkästchen, dort eine Mauernische, perfekte architektonische Rahmen für die ausgesuchten Werke. Die Fenster im Turm bieten keinen Ausblick, dafür betont ihre milchige Verglasung das stille Ambiente. Auf dem einen Fensterbrett ein zierliches Ästchen, auf einem anderen ein paar Steine, Muscheln. Dann: eine Feder.
Habent sua fata libelli
Wir erinnern uns: die kleine Feder findet sich – wie hingehaucht – als feine Zeichnung auf der Einladungskarte. Während ich sie zuhause noch als Symbol für die Stille interpretiert habe, führt sie uns hier, im realen Raum, zu weiteren Werken, die auf der obersten Etage des Köglturms ausgelegt sind. Auf einem flachen Podest geheimnisvolle Elemente – Bücher, die von der Künstlerin Breuer in Geheimnisse verwandelt wurden. Verschnürt. Rätselhaft. Buchseiten zwischen hölzern anmutenden Deckeln. Wir kramen mit wenig Erfolg in unseren ziemlich verschollenen Lateinkenntnissen. Den anderen Gästen scheint es ähnlich wie uns zu gehen.
Die Feder als Symbol
„Ich małe nicht nur, ich schreibe auch …“ erzählt die Künstlerin. Sie zeigt mir ein vor kurzem begonnenes Buch, das sie mit ihrer besonderen Handschrift füllt. Wenn sie hier im Köglturm auf Austellungsbesucher wartet, dann nutzt sie die Stille des Raums oder des bunt blühenden Gartens davor, um ihre Gedanken festzuhalten.
Heute ist dazu allerdings keine Zeit, denn es ist ein ständiges Kommen und Gehen. Freunde, Bekannte, Fremde. Mitglieder des Aichacher Kunstvereins, über den wir beide uns vor ein paar Jahre kennen gelernt haben. Als wir die hölzernen Stufen wieder zu der Künstlerin hinunter kommen, findet sie trotzdem die Muse, uns einige poetische Gedanken zu den von ihr ausgestellten Werken vorzutragen. Anschließend erzählt sie vom Arbeiten mit alten Büchern, die in ihren Händen zu neuen Kunstwerken werden. Gerade sind sie zu verschiedenen Ausstellungen unterwegs, wozu auch der inzwischen enträtselte lateinische Satz passt:
Bücher haben ihre Schicksale
Schicksale waren es auch, von denen die Gäste inzwischen erzählen, von überschwemmten Kellern oder überfluteten Etagen in Häusern dieser Gegend. Jeder kennt offenbar jemanden, bei dem die nicht zu bremsenden Wassermassen der vergangenen Wochen immense Schäden angerichtet und Schlamm und Verwüstungen hinterlassen haben. „Das ist kein Fluss, das ist die Strasse …“ ein Video wird herumgereicht …
Was für ein Glück, daß Marias Kunstwerke hier unbeschadet blieben und, daß auch, „ … drüben im SanDepot …“, wo derzeit die Ausstellung von Simone Distler läuft, zumindest an den dort gezeigten Bildern, kein Schaden entstand. Darauf und auf den Erfolg von Marias stiller Ausstellung, müssen wir, bevor wir uns wieder auf den Heimweg machen, zumindest einmal mit der Künstlerin und einigen Gästen anstossen.
Die Ausstellung „Der Klang der Stille“ kann noch bis zum Sonntag, 30. Juni 2024 besucht werden, an diesem letzten Tag findet die Finissage mit einem Künstlerinnen Gespräch statt.
Öffnungszeiten: Samstag, Sonntag, Feiertag jeweils von 14 – 18 Uhr sowie auf Anfrage unter atelier.breuer@gmail.com
Adresse: Köglturm
Hinterm Turm 4
86551 Aichach