SOUVENIR oder DIE FÄDEN DER ERINNERUNG
Endlich mal nicht vorbei gefahren
Obwohl ich vorhatte, bei meinem Projekt hauptsächlich mit Bus und Bahn unterwegs zu sein, nahm ich trotzdem die Gelegenheit wahr, um in Franken heute ‚ganz nach unten‘ zu kommen. Morgens war es noch angenehm kühl. Kurz vor Mittag brannte die Sonne unerbittlich herunter, wie schon so oft in diesen Sommertagen 2023.
Mit meinen roten Knäueln stand ich auf dem Marktplatz in Greding. Vor dem Rathaus ein Podest mit weiß-blauer Einfassung. Weiß-blau? Bayrisch? Dabei war ich doch voll auf Franken, also rot-weiß, eingestellt. Und, ich war darauf eingestellt, hier Menschen anzutreffen, in diesem zauberhaften Ort im Schwarzachtal. Wie oft hatten wir diese Ortschaft schon links liegen gelassen, um auf der Autobahn bloss keine Zeit zu verlieren. Maximal: tanken am Ortsrand.
Irgendwo bellte ein Hund. Eine Autotür fiel zu. Aber ansonsten? Es fühlte sich an wie im Film. ‚High Noon’ – keine Menschenseele unterwegs. Wem könnte ich hier etwas über meine Arbeit erzählen, die ich doch zu den Menschen bringen will. Über mein Projekt Souvenir oder die Fäden der Erinnerung sprechen? Und, wer würde mir etwas über sich erzählen, während ich hier auf Treppenstufen sitze und an meiner textilen Arbeit die Recycling Wolle zu einem Objekt verknüpfe.
Die Ränder von Franken
„Wenn Du denkst, es geht nichts mehr, kommt irgendwo eine Gärtnerin her“. In meinem Fall waren es sogar gleich zwei! Ein glücklicher Zufall. Die beiden Frauen, die ich in Greding schließlich doch noch treffe, stellen sich ’nicht nur‘ als Gärtnerinnen vor. Sie erzählen von sich.
Susanne und Monika ziehen an den Pflanzbeeten der Gemeinde fast liebevoll das Unkraut heraus. Ich erfahre, daß Monika ebenfalls Künstlerin, nämlich Töpferin, ist. „Gleich da oben“ könnte ich mir ihre Arbeiten anschauen. Aber natürlich erst, wenn sie mit ihrer Arbeit fertig ist.
In unserer Unterhaltung werde ich sofort darüber informiert, daß ich mich genau in dem Dreieck befinde, in dem Franken mit Oberbayern und der Oberpfalz zusammen trifft. Das „Drei -Länder – Eck“, wie man es hier nennt.
Ein malerischer Ort dieses Greding, sein Name geht auf die Hl. Margarethe zurück: die „Gretl“. Die Gemeindeflagge gelb-blau. Hier endet also Franken. „Ja, aber bevor Sie weiter fahren, müssen Sie da oben rechts kurz um die Ecke vom Rathaus schauen…!“
Da wird ein Schuh draus
Nach diesem aufgeweckten Gespräch muss ich dem Tipp folgen, um zu entdecken, welche Kunstwerke Susanne vor ihrem Haus, vermutlich in jahrelanger Arbeit, erschaffen hat.
Ein idyllisches Plätzchen, dieser Vorgarten, mit unzähligen Schuhen und Wanderstiefeln, die alle nach ihrer Ausmusterung, nach kilometerlangen Märschen, kunstvoll bepflanzt die Mäuerchen rund um das Haus zieren. Mein rotes Souvenir Objekt fühlte sich gleich wohl zwischen Sempervivum und all den anderen Steingartengewächsen. Kunst kennt keine Grenzen. Höchstens Ränder.